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Montag, 10. Dezember 2012

10. Türchen

Heute versteckt sich hinter dem 10. Türchen Andrea, die von weit her ihre Weihnachtserinnerungen erzählt:


Andrea, geboren 1961

Was gab es an Heiligabend immer zu essen?
Karpfen mit Kartoffeln und Butter. Den Fisch mochte ich nicht so, aber es war immer irgendwie lecker und für mich heute noch ganz eng mit Weihnachten verbunden. Mein Vater hat immer den Rettich fertig gemacht.

Erzähle von eurem Baum!
Als wir alt genug waren haben mein Vater, meine Schwester und ich den Baum ausgesucht, meine Mutter hat sich da rausgehalten und das uns überlassen. Am 23. haben meine Schwester und ich den Baum geschmückt. Mein Vater hat die Kerzen reingemacht, meine Mutter uns Kaffee gemacht und zugesehen. Unsere schönsten Bäume waren Nordmänner mit Äpfeln und Schleifen geschmückt, kein Lametta.
Baumschmücken war nie uncool, selbst als Teenager war das toll, im Afghanenkleid und hennaroten Haaren, genau wie als kleines Kind. Wenn ich Weihnachten in Deutschland verbringe, machen wir es heute noch so.

Kam zu Euch das Christkind oder der Weihnachtsmann?
Der Weihnachtsmann und das war mein Vater.

Wie lief die Bescherung ab?
Nach dem Essen, wir waren so furchtbar aufgeregt. Dann ging mein Vater und hieß den Weihnachtsmann willkommen. Mein Vater ist ein toller Schauspieler und wir haben so gerne daran geglaubt. Wir haben unser Gedicht aufgesagt und dann ging die Tür auf. Die Kerzen brannten und es lief dann die Weihnachtsmusik - was für ein Anblick.
Später spielte dann "Weihnachten auf Hoher See" aus dem Jahr 61. Nach der Bescherung tranken wir Kaffee mit Rum und räumten das Geschenkpapier auf. Mein Vater liest: Der kleinste Engel und der Weihnachtsstern. Wenn ich es heute lese, höre ich die Stimme meines Vaters und das ist vielleicht das beste Geschenk. Am 25. fuhren wir immer zu Oma und Opa.

An welches Weihnachten kannst du dich am besten erinnern?
Alle Weihnachten waren immer so schön. Aber als ich im Zoo gearbeitet habe, der Schnee auf der Koppel und ich bin im Schnee versunken. Als ich zu der Eulenanlage gestapft bin dachte ich mir, daß ich diesen Moment nie vergessen würde. Ich bin nicht heimgegangen, bis alle Tiere einen Weihnachtsleckerbissen bekommen hatten. Bis zur letzten Ratte und Maus haben alle ihre Rosinen bekommen. Das war irgendwie eine wunderschöne Zeit im Tierpark Neumünster.
Als Kinder haben wir Weihnachten oft auch in Hahnenklee im Harz verlebt. Um Mitternacht sind wir durch den Schnee zur Stabholzkirche gegangen, wunderschön.
Schlimm war das Weihnachten, an dem meine Schwester und ich beschlossen hatten auszuwandern.

Was war das schönste Geschenk, daß du bekommen hast?
Meine Eltern haben immer so liebewolle Geschenke ausgesucht, aber irgendwie waren die nie das wichtigste. Allerdings meine Puppe Karolina (ein Kullertränchen) und später meine Langhaarpuppe Uta waren irgendwie nicht zu übertreffen.

Was war dein Lieblingsweihnachtslied?
O, du Fröhliche und Leise rieselt der Schnee. Und dann eben die LP von Freddy Quinn: Weihnachten auf Hoher See.

Hattet ihr gewissen Bräuche?
Mein Vater hat oft vorgelesen und in der Adventszeit haben wir alle zusammen klassische Musik gehört. Meine Mutter hat immer dafür gesorgt, daß es wunderschön gemütlich war und sich viele Kinderwünsche erfüllten!

Hast du immernoch das gleiche Lieblingsweihnachtslied?
Ja.

Was kochst du heute an Heiligabend?
Ente mit Rotkohl (der so schmeckt wie der meiner Mutter).

Was würdest du gerne von der damaligen Weihnacht mit in die heutige Weihnacht nehmen?
Alles!
Die Zeit, die Weihnachtszeit richtig zu genießen vermisse ich oft. Wie schafft meine Mutter das nur immer?

Was für ein Geschenk ist bislang unerfüllt geblieben?
Weihnachten mit der ganzen Familie zu verleben (meine Schwester lebt in Kapstadt, meine Eltern in Neumünster, ich in San Franzisco). Das wird sich vielleicht auch nie erfüllen.

Und wenn du Jesus treffen könntest, was würdest du ihm sagen/ihn fragen/ihm geben?
Ich weiß nicht, aber ich würde ihm für den schönsten Tag des Jahres danken und all die schönen Erinnerungen über die Jahre.

Hast du noch was auf dem Herzen, was du uns sagen möchtest?
Heute bin ich oft sehr traurig. Spiele immer mit dem Gedanken mich in den Flieger zu schwingen und zu meinen Eltern zu fliegen, bin dankbar, daß mein Mann das versteht. Werde meinen Vater (87) dieses Jahr wieder bitten, am Telefon für mich zu lesen:

Wihnachenobend,
Dannn goht se no boben,
dann pingelt de Glocken,
denn danzt de Poppen,
denn piept de Müs,
in Grooßvadder sein Hüs!

Und zwar die ganze Geschichte!

Andrea, Deine Erinnerungen gehen bei mir tief und ich danke für dieselben.



7 Kommentare:

  1. Wunderschöne Erinnerung...! Danke Nana... für dieses schöne Türchen!

    LG und schöne Woche
    Klaudia

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  2. Liebe Nana,
    es hat mich sehr berührt, Andrea's Geschichte und sie ist wo weit entfernt, aber ich verstehe sie gut, dass sie oftmals den Flieger nehmen möchte. Ihre Erinnerungen bleiben immer mit der Heimat verbunden.
    Danke und
    lieben Gruss
    Lotti

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  3. Hallo, einen lieben Gruß an Andrea: unsere Kinder leben auch in SF und feiern dieses Weihnachten dort! Ist ganz schön weit weg... und Dir ein Dankeschön für Deine so liebevoll ausgewählten Geschichten, immer wiede schön, sie zu lesen!!!
    Liebe Grüße und noch eine schöne Adventszeit!!!

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  4. Liebe Nana, schon wieder eine so schöne Geschichte und dabei kommen immer auch eigene Kindheitserinnerungen hoch.
    IM Kiga lernen die Kinder unserer Gruppe auch Plattdütsch und dieses kleine Gedicht sagen sie besonders gerne auf.

    LG Uta

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  5. Ich glaube ich hab dich auch erkannt, liebe Andrea. Und deine Geschichte hat mich seht berührt. Danke das du das mit uns teilst und Nana es möglich macht.
    Liebe Weihnachtliche Grüße von Steffie

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  6. Ach ich finde das rührend. Das sie sich wünscht, dass der Papa ihr diese Geschichte vorliest. Ja, ich höre auch immer wieder die Stimme meines geliebten Papas in meinem Inneren. Schönen Gruss von Cosmee ... Ach Nana, das ist aber ein wirklich wundervoller Adventskalender!

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  7. Das ist ein schönes Türchen. Sehr rührend.
    Liebe Grüße Grit

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Ich behalte mir vor, nach eigenem Ermessen Kommentare zu löschen.

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